Vermögenssicherung durch intelligente Unternehmensnachfolgelösungen im Mittelstand

Spektakuläre Akquisitionen chinesischer Investoren in Europa haben die Ambitionen der Volksrepublik China deutlich gemacht, den von der Politik für dringend notwendig erachteten Transformationsprozess von der verlängerten Werkbank der ganzen Welt in eine von technisch anspruchsvoller Wertschöpfung geprägten Industrie möglichst schnell zu durchschreiten. Der neueste Fünf-Jahresplan, der gerade in Arbeit ist und im Frühjahr offiziell abgesegnet wird, weist den Weg, dessen Richtung sich nicht wesentlich vom letzten Fünf-Jahresplan unterscheiden wird: „Made in China 2025“ wird ergänzt durch die „Dual Circulation Policy“; mit diesem Motto, das neben der starken Exportorientierung der chinesischen Wirtschaft auch auf eine Stärkung des Binnenkonsums zielt, soll der Umbau der chinesischen Wirtschaft zu einem High-Tech-Giganten endgültig gelingen.

Verschiedene Faktoren haben in jüngster Zeit allerdings dazu geführt, dass die Zahl chinesischer Cross Border Akquisitionen deutlich zurückgegangen ist: der Handelskrieg mit den USA und die dadurch weltweit ausgelösten Spannungen, eine zunehmend autoritäre und aggressive Politik der chinesischen Regierung, eine Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Europa und insbesondere in Deutschland sowie – last but not least – die Corona-Pandemie haben dazu geführt, dass die Anzahl der Transaktionen im Jahr 2021 (13 Deals) weit hinter dem Spitzenjahr 2017 (mehr als 50) zurückgeblieben ist. Die diffuse Rolle Chinas im Ukraine-Krieg wird diese Entwicklung nicht bremsen. Die größten Deals mit China-Berührung aus der jüngeren Vergangenheit waren der Verkauf der Deutschen Hospitality Group (u.a. Steigenberger) an die Huazhou Group, der Carl Cloos Schweisstechnik GmbH an den Roboterhersteller Estun, des Bankhauses Lampe an die Fosun-Group und neuerdings – gerüchteweise – der Verkauf des Automobilzulieferers Allgaier an einen noch unbekannten Investor oder Investorin.

Dies sind nur die wertmäßig größten Transaktionen; außerhalb des Radars einer breiteren Öffentlichkeit gehen aber regelmäßig weitere mittelständische Unternehmen in chinesische Hände über. Haben sich chinesische Unternehmen vor Jahren noch überwiegend für Unternehmen aus dem Bereich Natural Resources interessiert, hat sich der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit ganz eindeutig in Richtung technologisch anspruchsvoller Targets verlagert. Die Zielbranchen sind klar definiert; es geht nicht mehr darum, sich überhaupt mit einer Akquisition zu schmücken, sondern die Braut muss auch attraktiv sein. Idealerweise lässt sie sich aus chinesischer Perspektive unter das Schlagwort „Industrie 4.0“ subsumieren, auch wenn der Begriff oft sehr weit ausgelegt wird und nahezu alles umfasst, was nicht mit Schwerindustrie zu tun hat.

Eine klare Zielgruppe ist der deutsche Mittelstand, dessen Stärke, insbesondere auch dessen Innovationskraft sich in China herumgesprochen hat. Die Begehrlichkeiten richten sich auf

  • Unternehmen mit überlegenen Technologien insbesondere aus den Bereichen Automation, E-Mobilität und Sensorik mit eingeführten Produkten und starken Marken,
  • die auf den Weltmärkten Erfolg haben und „China-Potential“ haben, aber
  • derzeit dort noch nicht (ausreichend) präsent sind. Sie sollten zudem über eine
  • ausgeprägte Forschungs- und Entwicklungskompetenz verfügen.
  • Um die darin liegenden zusätzlichen Absatzpotentiale dann auch nach einer Übernahme tatsächlich ausschöpfen zu können, bedarf es eines Managements, das an Bord bleibt und die Zuversicht, den Ehrgeiz und das Können mitbringt, diese Chancen nach der Übernahme in konkretes Handeln umzusetzen.

 

Von dieser Art Unternehmen gibt es in Deutschland sehr viele! Allerdings gibt es bei vielen Unternehmern noch immer zahlreiche diffuse Vorbehalte, sich ernsthaft mit den chinesischen Avancen auseinanderzusetzen oder ihnen gar nachzugeben. Bei näherem Hinsehen verbirgt sich hinter der Zurückhaltung die Furcht vor allzu großen kulturellen Differenzen, die man glaubt, nicht managen zu können, die Sorge vor Technologietransfer und Aushöhlung, der Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland zugunsten des äquivalenten Aufbaus in China und die Sorge, eine Transaktion weder den eigenen Mitarbeitenden noch dem lokalen und regionalen Umfeld als sinnvoll und unkritisch vermitteln zu können.

Diese Befürchtungen sind unberechtigt. Seit dem Beginn des Jahres 2014 haben chinesische Unternehmen über 300 deutsche Firmen übernommen oder sich nennenswert an ihnen beteiligt. Nicht bei einer einzigen ist bekannt geworden, dass die vorstehend beschriebenen Befürchtungen sich bewahrheitet hätten. In aller Regel wird das Management der Zielgesellschaft nicht nur im Amt belassen sondern – hin und wieder ergänzt durch einen chinesischen, dem Investor vertrauten Ko-Geschäftsführer oder Aufsichtsrat – mit langfristigen Verträgen an das Unternehmen gebunden, weil die Investoren genau wissen, dass sie nur auf diese Weise Kontinuität wahren können. Die Mitarbeitenden werden mit erstaunlich langen Standort- und Arbeitsplatzgarantien bei der Stange gehalten. Fast immer wird in beachtlichem Umfang anschließend in das Wachstum des erworbenen Unternehmens investiert, was ohne den neuen Gesellschafter aus bordeigenen Mitteln oft nicht in dem Umfang möglich gewesen wäre; mithilfe des in der Heimat des Investors vorhandenen Netzwerks wird dem Zielunternehmen zudem der gigantisch große chinesische Markt eröffnet. Nahezu sämtliche an den bisherigen Transaktionen beteiligten Personen beschreiben die Übernahmen später als „Win-Win“ – Geschäft; bestätigt wird diese Einschätzung auch von Gewerkschaftsseite: bei einem von der IG-Metall – allerdings schon im Jahr 2015 – organisierten Treffen von Betriebsräten aus Unternehmen mit chinesischen Gesellschaftern, haben die Arbeitnehmervertreter auf Basis ihrer post-transaction-Erfahrungen ein einhellig positives Feedback gegeben. Diese Beobachtungen gelten unabhängig davon, ob es sich bei dem Investor um ein Staatsunternehmen oder um private Investoren handelt.

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Ein Unternehmer, mit zu regelnder Nachfolge, der oder die dies aber nicht innerhalb der Familie tun kann oder will, sollte unseres Erachtens deshalb folgende Gesichtspunkte bedenken:

  • Es gibt nirgendwo auf der Welt strategische Investoren, die kompatibler sind, als Unternehmen aus China. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Überschneidungen in den Geschäftsaktivitäten gibt und damit möglicherweise nach der Transaktion Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, ist gering.
  • Kein anderer Partner/Übernehmer würde den Heimatmarkt derart großzügig für die übernommene Firma öffnen, das eigene Netzwerke zur Verfügung stellen und die Expansion auch noch finanziell unterstützen.
  • Die Chance eines Firmeninhabers, durch einen Verkauf des Unternehmens den wesentlichen Teil des Vermögens rechtzeitig hinter die „Brandschutzmauer“ zu bringen und trotzdem mit einem gut dotierten Geschäftsführer-Vertrags in größtmöglicher Unabhängigkeit weiterhin dem Beruf nachgehen zu können, dem man das bisheriges Leben gerne ausgeübt hat, ist nirgendwo größer als mit chinesischen Partnern.
  • Die Beteiligung oder Übernahme eines Unternehmens durch chinesische Investoren scheitert in den seltensten Fällen an einer Einigung über den Kaufpreis.
  • Der Großzügigkeit bei der Behandlung der übernommenen Mitarbeitenden in puncto Standortgarantien und Arbeitsplatzsicherung sind bei chinesischen Investoren kaum Grenzen gesetzt, nicht zuletzt weil sie sich auf die Erfahrung des Teams verlassen müssen.
  • Es ist unbedingt hilfreich, sich zur diskreten Anbahnung einer Transaktion, der Koordinierung des Verfahrens und zur Überbrückung kultureller Unterschiede die Unterstützung erfahrener Beratern zu sichern.

 

Fazit: Natürlich gibt es keine Gewähr dafür, dass ein erstes Rendezvous zu einer erfolgreichen Transaktion führt, aber ein voreilig gegebener Korb könnte eine große Chance vorbeiziehen lassen. Manchmal kommt der Appetit erst beim Essen.

Stefan Söhn_Partner
Stefan Söhn
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