Zwei Seiten der Medaille – Wie sich der Einfluss der Familie auf Entrepreneurship in Familienunternehmen auswirken kann

In Familienunternehmen werden aufgrund des Familieneinflusses häufig auch nicht-rationale Faktoren in strategische Unternehmensentscheidungen mit einbezogen; dies kann sich sowohl positiv als auch negativ auswirken. Ein kurzer Einblick in die Komplexität von Familienunternehmen und die Wichtigkeit gemeinsamer Werte für die Zusammenarbeit.

In unserem heutigen schnelllebigen und unbeständigen Umfeld sind viele bestehende Geschäftsmodelle akut bedroht. Unzählige technologische Innovationen und sich permanent ändernde Kundenbedürfnisse stellen tägliche Komplexitäten dar. Zudem wird der Wettbewerb nicht nur immer schneller, sondern kommt auch aus Bereichen, aus denen man es nicht erwartet hätte. Unternehmen müssen nach neuen Geschäftsfeldern und Technologien suchen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies stellt insbesondere etablierte, alteingesessene Unternehmen, wie viele Familienunternehmen, vor größere Herausforderungen denn, wer viel hat, hat auch viel zu verlieren. Janus-artig sind sie ständig damit konfrontiert, nach neuen Möglichkeiten zu suchen und gleichzeitig die über Generationen etablierten Erfolgsfaktoren zu wahren (vgl. Miller et al. 2015). Dennoch zählen Familienunternehmen zu den innovativsten Unternehmen der Welt und viele sind über mehrere Generationen hinweg kontinuierlich unternehmerisch tätig. Aber was macht Familienunternehmen in Bezug auf Innovation & Entrepreneurship so besonders, was unterscheidet sie von Nicht-Familienunternehmen? Und warum ist es so wichtig, diese Unterschiede zu kennen?

“The family is the ballast that impedes the balloon of entrepreneurship from properly flying” (Sciascia & Bettinelli 2013: S. 424)

Zunächst sind Familienunternehmen grundsätzlich ebenso wie Konzerne auf Gewinn und Wachstum ausgerichtet. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch im Einfluss der Unternehmerfamilie (vgl. Kammerlander & Ganter 2015). In der Regel werden nicht nur ökonomische, rationale Faktoren, sondern auch emotionale, familiär geprägte Werte in allen Entscheidungen berücksichtigt (vgl. Weimann, Gerken & Hülsbeck 2021); oftmals spielt auch der Wunsch nach familiärer Harmonie eine Rolle. Je intensiver die Familie operativ eingebunden ist, desto stärker spiegelt sich ihr Einfluss in strategischen Entscheidungen und dem Abwägen von Kosten und Nutzen wider. Viele Familienunternehmer neigen zudem dazu, das Familienvermögen nicht zu riskieren und das soziale und finanzielle Wohlergehen künftiger Generationen nicht gefährden zu wollen (vgl. Gómez-Mejía et al. 2007). Entrepreneurship- sowie (digitale) Transformationsprojekte und insbesondere disruptive Geschäftsmodell-Veränderungen gehen jedoch mit einem gewissen Grad an Unsicherheit einher. Daher kann eben jener Einfluss nicht-rationaler Werte in ökonomische Entscheidungen zu Risikoaversion führen und Projekte hemmen. Der Wunsch, Identität und lang bewährte Wertvorstellung zu erhalten, kontrastiert häufig mit der notwendigen Agilität von Veränderungsprojekten. Somit tendieren viele etablierte Unternehmen zum Erhalt des Status Quo und können mit der Zeit rigide gegenüber umfassenden Veränderungen werden.

“The family acts like oxygen that feeds the fire of entrepreneurship” (Rogoff & Heck, 2003: S. 559)

Dem steht jedoch gegenüber, dass sich durch die Überschneidung von Familie und Unternehmen und der kontinuierlichen Beteiligung der Familie an Eigentum, Management und Kontrolle auch spezifische Merkmale wie z. B. der Wunsch nach generationenübergreifender Nachfolge und eine Ausrichtung auf langfristige und ganzheitliche Ziele ergeben (vgl. Sirmon & Hitt 2003). Das heißt, im Gegensatz zu vielen Konzernen, werden in Familienunternehmen oftmals Projekte verfolgt, deren Rendite sich erst nach Jahren erwirtschaftet. Durch diese Langfristigkeit bauen Familienunternehmen häufig auch sehr enge stabile Beziehungen zu wichtigen Stakeholdern auf (vgl. Miller et al. 2015). Beiräte, die klassischerweise mit unabhängigen Personen besetzt werden, werden in Familienunternehmen z.B. oft mit eng verbundenen Kunden und Lieferanten besetzt, was wiederum die gemeinsame Entwicklung von innovativen Lösungen fördern kann. Generell gilt, werden Projekte durch die Unternehmerfamilie unterstützt und wurde Einigung über Richtung und Ausgeprägtheit der Veränderungsprojekte gefunden, werden diese oftmals mit mehr Intensität und Zielstrebigkeit verfolgt als Projekte ohne entsprechende Unterstützung. Diese familienunternehmensspezifische Entscheidungskompetenz und kurzen Entscheidungswege gepaart mit dem oftmals geringen Maß an Bürokratie können sich positiv auf das Entrepreneurship-Verhalten des Unternehmens auswirken. Zudem sind in Familienunternehmen häufig mehrere Generationen der Familie gleichzeitig im Top-Management-Team vertreten, was durch die Heterogenität zu einem erhöhten Wissensaustausch führen und somit Entrepreneurship beleben und fördern kann. Auch das tiefgreifende Firmenwissen der Familie und häufig jahrzehntelang beschäftigter, loyaler Mitarbeiter bieten ein sehr günstiges Umfeld für Entrepreneurship. Eben diese Merkmale schaffen schwer-zu-kopierende Wettbewerbsvorteile und unterstützen Familienunternehmen dabei, ihr Unternehmen für die kommende Generation zu stärken.

Vanessa Final

Der Schlüssel liegt im gemeinsamen Wertegerüst

 

Beide Seiten der Medaille des Familieneinflusses sind gleichermaßen wahr; für beide gibt es in der Praxis zahlreiche Beispiele. Häufig wird der nicht immer offensichtliche Einfluss der Familie unterschätzt. Das Konstrukt ist komplex und insbesondere in der Zusammenarbeit mit Familienunternehmen muss man sich des emotionalen Einflusses der Unternehmerfamilie bewusst sein, Familien- und Inhaberstruktur müssen gleichermaßen beachtet werden. Auch persönliche Beziehungen zu jahrelangen Weggefährten müssen respektiert und behutsam behandelt werden. Kurzum, in Familienunternehmen herrschen andere, individuelle Dynamiken und charakteristische Entscheidungslogiken.

 

Unser Ziel bei Vindelici ist es, unseren Kund:innen beim Überwinden von Komplexitäten sowie zu einem dem Wandel der Zeit angepassten Unternehmen und Geschäftsmodell zu verhelfen. Der Einsatz neuer Technologien und das Finden innovativer Lösungen ist essenziell, um Unternehmen für kommende Generationen weiterzuentwickeln. Die Kontinuität, für welche Unternehmerfamilien oft stehen, bietet hierfür auch ein enormes Potential. Man muss die Familienunternehmensspezifika jedoch nicht nur kennen, sondern ihre Chancen wertschätzen und fördern. Besonders wichtig ist hierbei eine Übereinstimmung gemeinsamer Werte. Bei Vindelici haben wir u.a. Verantwortung als einen unserer wichtigsten Werte definiert. Darunter verstehen wir, dass wir – ebenso wie Familienunternehmen – langfristig Wert kreieren und positive Veränderungen hinterlassen möchten. Dafür gehen wir einerseits Projekte ganzheitlich an, um nicht an jeder Ecke kleine Stellschrauben zu drehen, die letztlich im Zahnrad des großen Ganzen nicht mehr ineinander finden. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz würdigen wir auch wichtige Wertvorstellungen der Unternehmerfamilie. Andererseits legen wir einen besonderen Wert darauf, die Mitarbeiter:innen in den Unternehmen selbst zu befähigen, die gemeinsam erarbeiteten Lösungen nachhaltig voranzutreiben und neue Ansätze umzusetzen. Um dies zu erreichen, arbeiten wir grundsätzlich in gemischten Projektteams mit Mitarbeiter:innen unserer Kunden:innen und implementieren die Lösungen gemeinschaftlich. So können wir sicherstellen, dass auch nach Beendigung unseres Projekts die Expertise gezielt im Unternehmen eingesetzt wird. Dieser umfassende Ansatz und die gemeinsame Wertebasis haben sich bereits in vielen Projekten bewährt, und wir Familienunternehmen darin unterstützt, die Erwartungen der Vergangenheit in einer modernen Welt zu erfüllen, ohne dabei die Bedürfnisse des Marktes und der Kunden aus den Augen zu verlieren.

Gómez-Mejía, L. R., Haynes, K. T., Nunez-Nickel, M., Jacobson, K. J. L., & Moyano- Fuentes, J. (2007). Socioemotional wealth and business risks in family-controlled firms: Evidence from Spanish olive oil mills. Administrative Science Quarterly, 52(1), 106- 137.

Kammerlander, N., & Ganter, M. (2015). An Attention-Based View of Family Firm Adaptation to Discontinuous Technological Change: Exploring the Role of Family CEOs’ Noneconomic Goals. The Journal of Product Innovation Management, 32(3), 361–383.

Miller, D., Wright, M., Le Breton-Miller, I., & Scholes, L. (2015). Resources and innovation in family businesses: The Janus-Face of socioemotional preferences. California Management Review, 58(1), 20–40.

Rogoff, E. G., & Heck, R. K. Z. (2003). Evolving research in entrepreneurship and family business: recognizing family as the oxygen that feeds the fire of entrepreneurship. Journal of Business Venturing, 18(5), 559–566.

Sciascia, S., & Bettinelli, C. (2013). Part III: Corporate Entrepreneurship in Context: 1. Corporate Entrepreneurship in Family Businesses: past, present and future research. M@n@gement, 16(4), 357–432.

Sirmon, D., & Hitt, M. (2003). Managing resources: Linking unique resources, management, and wealth creation in family firms. Entrepreneurship Theory and Practice, 27(4), 339–358.

Weimann, V., Gerken, M., & Hülsbeck, M. (2021). Old flames never die – the role of binding social ties for corporate entrepreneurship in family firms. International Entrepreneurship and Management Journal, 17(4), 1707-1730.

Dr. Vanessa Weimann_Managerin Corporate Development
Vanessa Weimann
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